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Ein Projekt zur Wiederansiedlung der Birkhühner im Landkreis Regen

Artenvielfalt Ruselmoore

Die Birkhühner sind im Bayerischen Wald bis auf ein kleines Restvorkommen bei Haidmühle im Grenzgebiet zur Tschechischen Republik ausgestorben, im Landkreis Regen hat 1980 der letzte Hahn gebalzt.

Auf Initiative der Jägerschaft im Landkreis Regen wird nun versucht, zunächst in einem rund 150 ha großen, als Naturschutz- und FFH-Gebiet ausgewiesenen Versuchsareals mit ausgedehnten Mooren in der Gemeinde Kirchberg i.W. diese Rauhfußhühnerart wieder anzusiedeln. Dazu wurde für dieses Projekt eine Arbeitsgruppe unter der Trägerschaft des Landkreises gebildet, deren Aufgabe es zunächst ist, hier die alten Lebensräume mit Einschlag der Fichten aus Aufforstung von Streuwiesen und Mooren, der Renaturierung von Mooren und der Auflichtung der umlieumliegenden Nadelholzforste wieder herzustellen. Da diese Maß-nahmen allen auf solche Sonderstandorte angewiesenen, meist auch seltenen und bedrohten Tier- und Pflanzenarten zu Gute kommt, wurde das Projekt mit dem Arbeitstitel "Artenvielfalt Ruselmoore" bezeichnet.

Finanziell unterstützt wird das Projekt, das nach der Testphase auf rund 1500 ha ausgedehnt werden soll, vom Amt für Ländliche Entwicklung Niederbayern in einem vereinfachten Flurberei-nigungsverfahren, dem Naturpark Bayer. Wald, dem Landkreis Regen, der Gemeinde Kirchberg, dem Naturschutzfond und der Kreisgruppe Regen-Zwiesel des Jagdverbandes (mit einem dafür eingerichteten Spendenfond).

Der "Spielhahn" soll zurückkehren

Die Birkhühner sind neben dem Auerwild die markantesten Hühnervögel des nördlichen Nadelwaldgebietes. Sie waren auch im Bayer. Wald weit verbreitet, Allerweltsvögel, ein bedeutender Teil des Naturerbes der Region. Der "Spielhahn" wird in vielen Heimatliedern besungen, ziert Häuserfassaden, Bierkrüge etc., die Spielhahnfeder die Hüte vieler Heimatvereinsmitglieder und vieles andere mehr. Die Gründe für das Aussterben sind vielfältig. Am bedeutendsten waren die grundlegen-den Veränderungen der Lebensräume durch die einschneidende und rasch sich ändernde Art der Landnutzung besonders in den Jahrzehnten nach dem 2. Weltkrieg

  • Die rigorose "Bereinigung" der Fluren mit Beseitigung der Hecken, Drainagen der Feuchtflächen und Moore. Die kleinstrukturierten Mischkulturen wurden zu maschinengerechtem, großflächigem, intensiv gedüngtem und danach artenarmen Grünland. Bäche wurden verrohrt und begradigt. Die alten Birkenberge und Wachholderheiden waren früher schon verschwunden.
  • Drainierte, baumlose Moorrandgebiete und Streuwiesen wurden im großen Umfang mit standortuntauglichen Fichten aufgeforstet. Dadurch und durch die zunehmende Stickstoffdüngung aus der Luft wuchsen allenthalben stammzahlreiche, finstere, bis heute auch noch weitgehend undurchforstete Nadelholzforste heran, lösten die durch Streunutzung und Waldweide lichten, beerkraut- und birkenreichen Nadelwälder ab, veränderten die ehemals viel offenere Landschaft von Grund auf.
  • Aus den verbliebenen Hecken wurden Baumhecken aus raschwüchsigen Pionierbaumarten Aspe, Birke, Weide), die die für viele Vogelarten bedeutsamen beerentragenden Sträucher (Schlehe, Weißdorn, Hartriegel, Holler, Traubenkirsche, Hundsrose u.a.) unterdrücken. Der Habicht - bedeutsamer natürlicher Feind (auch der hier noch vorkommenden, im Bestand bedroh-ten Haselhühner) - hat darauf beste "Ansitzmöglichkeiten".
  • Zunehmende Störung durch Freizeitaktivitäten, Zunahme des Prädatoren Fuchs, Marder, Wiesel und von Schwarzwild.

Seit jeher sind viele Anstöße gemacht worden, die Birkhühner im Landkreis Regen wieder einzubürgern, zuletzt und immer wieder durch den ehemaligen Kreisjagdberater Georg Ertl aus Regen. Auf seine Initiative hin hat der Landkreis Regen als Träger mit Landrat Heinz Wölfl dieses bemerkenswerte Projekt "Artenvielfalt Ruselmoore" auf den Weg gebracht. Die dazu gebildete Arbeitsgruppe besteht aus Vertretern der Land- und Forstwirtschaft, der Jäger-schaft, des Naturschutzes, des Landesbundes für Vogelschutz und des Naturparks Bayerischer Wald. Eine kleine Projektgruppe daraus soll die Ziele verwirklichen. Zum Projektleiter wurde Forstdirektor a.D. Klarhauser, Rabenstein ernannt, der schon mit der "Schutzgemeinschaft Auerhuhn Bayer. Wald" das Aussterben des Auerhuhns im Bayer. Wald verhindern konnte.

Das Projektgebiet liegt am Vorwaldkamm um die Rusel. In dem 150 ha großen Testgebiet um das Moorgebiet der Todtenau bei Kirchberg i.W. soll zunächst grundsätzlich erprobt werden, ob sich ein solch zweifelsfrei äußerst schwieriges Projekt der Wiederansiedlung von Birkhüh-nern überhaupt verwirklichen lässt.

Das Gebiet wurde deshalb als Testgebiet ausgewählt, weil hier

  • die letzten Birkhähne des Landkreises gebalzt haben
  • die Lebensräume noch am wenigsten verändert waren: Es gibt noch ausgedehnte Moore und alte Streuwiesen und noch wenige Maisanbau-flächen
  • der Großteil der Flächen unter Naturschutz steht und als FFH-Gebiet ausgewiesen ist
  • die öffentliche Hand (Staatsforst, Landkreis, Gemeinde) größter Grundbesitzer ist
  • nach einem Gutachten des Landesbundes für Vogelschutz von 1991 der Bereich für dieses Ziel als geeignet erachtet wurde.

Alte Lebensräume neu schaffen, noch vorhandene erhalten

Zunächst müssen die alten Lebensräume in ausreichendem Umfang wiederhergestellt werden. Erst danach ist an eine Wiederansiedlung zu denken. Dazu müssen die umfangreichen Fich-tenaufforstungen auf den ehemaligen Niedermooren und Streuwiesen beseitigt, die Entwässe-rungsgräben verfüllt werden.

In den entwässerten Mooren werden die eingedrungenen Fichten und die gepflanzten Kiefern zurückgenommen, die Gräben mit Bohlenwänden gekammert. Mit dem Rückstau dieses Wassers wird die unterbrochene Moorentwicklung wieder in Gang gebracht. Da sich viele dieser Flächen im Privatbesitz befinden, müssen sie aufgekauft oder gegen Landkreiswald eingetauscht werden. Diese Grundstücksgeschäfte brauchen Zeit. Und so ist das Projekt auf längere Sicht angelegt.

Inzwischen konnten bereits ca. 30 ha solcher Flächen angekauft und renaturiert werden. Dabei entstanden nebenher zahlreiche Tümpel und Ökoteiche, neue Lebensräume auch für andere Tier- und Pflanzenarten.

Mit der Pflanzung waldnaher Hecken wird auch das hier noch vorhandene Haselhuhn gefördert. Selbst wenn sich entgegen unserer Einschätzung der gewünschte Erfolg, hier Birkhühner wiederanzusiedeln, wegen des mangelnden Fortschritts der Landschaftspflegemaßnahmen oder des z.Zt. zu beobachtenden, in dieser Hinsicht sehr negativen Wandels der Landwirtschaft der Umgebung (Monokulturen aus Raps, Mais, Getreide, Güllewirtschaft, Brachflächenumbruch etc.) nicht einstellen sollte, werden damit vielen bedrohten Tier- und Pflanzenarten Lebensräume erhalten und neue erschlossen. 

Infomationen

Die Öffentlichkeit wird über Ziele und Fortschritte des Projektes mit Führungen und einem Bildvortrag des Amtes für Ländliche Entwicklung informiert. Näheres ist beim Landratsamt Regen, Tel. 09921/601-308 zu erfahren.